Sprache auswählen

German

Down Icon

Land auswählen

Germany

Down Icon

Abschiebung per "ImmigrationOS": Trumps Regierung baut Migranten-Software und gigantische Datenbank

Abschiebung per "ImmigrationOS": Trumps Regierung baut Migranten-Software und gigantische Datenbank

Sollen umfassenden Zugriff auf Daten von Millionen Menschen erhalten: Mitarbeiter der Einwanderungsbehörde ICE, hier im US-Bundesstaat Tennessee.

(Foto: REUTERS)

Wird es die größte Massenabschiebung in der Geschichte des Landes geben, wie US-Präsident Trump angekündigt hat? Im Hintergrund arbeiten IT-Experten an einem riesigen Projekt. Per Rasterfahndung sollen Millionen Menschen ausfindig gemacht werden.

Die US-Regierung geht in der Migrationspolitik aggressiv vor. Die IT-Experten von Elon Musks "Department of Government Efficiency" alias Doge bauen dafür derzeit eine Mega-Datenbank, in der sie Angaben von verschiedenen Behörden zusammenführen. Experten sagen, dies könnte die Regierung nutzen, um Migranten zu finden und zu überwachen. Betroffen wären potenziell alle Menschen ohne US-Staatsbürgerschaft und auch solche mit Pass, sofern sie Verwandte ohne haben.

Etwa 14 Millionen Menschen in den USA haben Schätzungen zufolge keine gültige Aufenthaltsgenehmigung. Trump hat weitreichende Dekrete unterschrieben, um gegen Migranten vorzugehen und massenhafte Abschiebungen zu ermöglichen. Die Angst vor schlechter Behandlung könnte dazu geführt haben, dass die Grenzbeamten aktuell angeben, historisch wenige Migranten aufzugreifen, die von Mexiko aus abseits der offiziellen Übergänge in die USA kommen. Die Regierung von Präsident Donald Trump arbeitet wie keine vor ihr daran, Migranten auf Schritt und Tritt verfolgen zu können.

Die technischen Möglichkeiten dafür sind so umfassend wie nie. Die neue Mega-Datenbank wird das Ministerium für Heimatsicherheit und die Einwanderungsbehörde ICE nutzen, berichten US-Medien, um Abschiebungen zu erleichtern. Demnach kombiniert Doges "Immigration Task Force" biometrische Daten, Angaben aus der Sozialversicherungsbehörde, der Steuerbehörde IRS sowie dem Gesundheitsministerium mit denen von ICE. Zusätzlich könnten auch Daten aus den Arbeits- und Wohnungsbauministerien integriert werden.

Im vergangenen Monat beauftragte ICE zudem das Datenunternehmen Palantir, die entsprechende Software zu programmieren, um die Datenbank zu nutzen. Sie soll dabei helfen, Bewegungen von Migranten so weit wie möglich in Echtzeit verfolgen zu können. Ein Vertreter der größten US-Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union erklärte gegenüber dem Magazin "Wired": "Es handelt sich um eine massive Rasterfahndung, die nicht nur für Menschen ohne Papiere, sondern auch für US-Bürger und Menschen, die sich rechtmäßig hier aufhalten, alle möglichen Folgen haben wird."

Sieben Millionen Menschen gesucht

Steuerdaten können ein halbes Leben offenlegen. Wer keine Aufenthaltsgenehmigung hat, aber trotzdem in den USA arbeitet, bekommt vom IRS eine Identifikationsnummer und zahlt darüber Abgaben. Bislang teilte der IRS seine Daten nicht mit anderen Behörden - was sich nun geändert hat. Das Heimatschutzministerium erhält Zugriff, ein Gericht wies den Einspruch von NGOs ab. Aus Protest über die Zusammenarbeit kündigten mehrere hochrangige IRS-Mitarbeiter. Bis zu sieben Millionen Nicht-US-Bürger will die Einwanderungsbehörde mithilfe der Steuerdaten ausfindig machen.

Intern hat Washington die Zahl von mindestens einer Million Abschiebungen im ersten Amtsjahr Trumps vorgegeben. Diese Marke versucht Heimatschutzministerin Kristi Noem auf einem weiteren Weg erreichen: Die Menschen sollen selbst gehen, was die Regierung "Selbst-Abschiebung" nennt. Dafür gibt es eine App, in der die Migranten angeben können, dass sie das Land verlassen. Die Regierung verspricht eine 1000-Dollar-Prämie plus die Kostenübernahme des Flugtickets.

Schon seit Monaten laufen warnende Videoclips online und im Fernsehen, in denen Noem droht: "Wir werden euch finden und wir werden euch abschieben." Noem flog auch nach El Salvador, wo sie sich mit goldener 50.000-Dollar-Rolex vor kahlgeschorenen Gefangenen im Hochsicherheitsgefängnis CECOT filmen ließ. Laut Human Rights Watch und Amnesty International herrschen in der Haftanstalt menschenunwürdige Bedingungen. "Dies ist eine der Konsequenzen, falls Sie illegal ins Land kommen", sprach Noem in die Kamera: "Sie werden entfernt und sie werden strafrechtlich verfolgt."

Software mit Verfolge-Funktion

Beim Auffinden soll Palantirs neue Software helfen. Ein fertiger Prototyp ist für Ende September unter dem Projektnamen "ImmigrationOS", also "Einwanderungs-Betriebssystem" vereinbart. Der Vertrag mit dem Tech-Unternehmen aus dem Silicon Valley läuft noch zwei weitere Jahre bis 2027. Firmenintern ist die Zusammenarbeit offenbar umstritten. Palantir rechtfertigt sein Vorgehen laut geleakter Kommunikation gegenüber seinen Mitarbeitern damit, dass Migranten mit der Software eine "faire Behandlung" ermöglicht werde. Damit nimmt es Trumps Regierung bislang nicht so genau. Das bekannteste Beispiel sind die Hunderte von Menschen, die ohne richterliche Anhörung in das Gefängnis nach El Salvador verfrachtet wurden.

Das vom einflussreichen Investor Peter Thiel mitgegründete Unternehmen Palantir soll die hauseigene Software erweitern, mit der ICE aktuell bereits arbeitet. Damit, so die Begründung, könne so schnell wie möglich Trumps Anordnungen entsprochen werden, um die dort angeführte angebliche "Invasion" der USA durch Migranten aufzuhalten und "das amerikanische Volk zu schützen", wie es in der Ausschreibung heißt. Das Wahlversprechen des US-Präsidenten, massenhaft abzuschieben, hängt ICE zufolge also auch an dieser unterstützenden Software. Die soll drei Hauptfunktionen haben:

  • Abschiebungen priorisieren, mit Fokus auf kriminelle Organisationen, Gewaltverbrecher und Ausländer mit abgelaufenen Visa
  • Die Bewegungen von Migranten verfolgen, die freiwillig das Land verlassen, sogenannte Selbstabschiebungen
  • Sie soll sämtliche Daten von Nicht-US-Staatsbürgern in einer Übersicht zusammenführen, ein "Einwanderungs-Lebenszyklus", der den zeitlichen Ablauf zeigt

ICE-Mitarbeiter entscheiden selbst, welche Migranten sie festnehmen und in Abschiebezentren festhalten. Ein Richter hat bislang das letzte Wort über ihr Schicksal. Dieses Prozedere stellt die US-Regierung derzeit infrage. Heimatschutzministerin Noem meinte, habeus corpus, das Recht auf eine richterliche Prüfung einer Festnahme, könne ihrer Ansicht nach für Migranten ausgesetzt werden. Trumps stellvertretender Stabschef Stephen Miller, ein Migrations-Hardliner, sagte, die Regierung prüfe diese Möglichkeit.

Erhöhtes Missbrauchsrisiko

Bislang waren Daten der unterschiedlichen Behörden voneinander getrennt, sogar von verschiedenen Stellen innerhalb des Heimatschutzministeriums. "Es gibt einen Grund, warum diese Systeme isoliert sind", sagte Victoria Noble, Juristin bei der Electronic Frontier Foundation, zum US-Magazin "Wired": "Wenn man alle Daten in einem zentralen Speicher ablegt, auf den alle Mitarbeiter dieser Behörde oder sogar andere Behörden zugreifen können, erhöht sich das Risiko erheblich, dass diese Informationen von Personen abgerufen werden, die sie nicht benötigen und für unzulässige Zwecke oder repressive Ziele missbrauchen", wird sie zitiert. Etwa um Menschen, die sie nicht mögen, gegen Dissidenten, Einwanderer oder andere Gruppen vorzugehen.

Derzeit gibt die Regierung an, mit der neuen Software und Datenbank die Leben von Migranten nachverfolgen zu wollen. Wie könnte eine US-Regierung eine solch solche Mega-Datenbank und Schnittstellen zu umfassenden Behördendaten noch verwenden? Dies wird auf die Absichten der jeweiligen Regierung und womöglich einzelner Mitarbeiter ankommen. Die Beschwerde- und Ombudsstellen im Heimatschutzministerium, die Datenmissbrauch unterbinden könnten, hat Trumps Regierung abgeschafft. "Sie haben die Durchsetzung der Einwanderungsgesetze behindert" teilte Ministeriumssprecherin Tricia McLaughlin dazu mit. "Sie agierten oft als interne Gegner."

Quelle: ntv.de

n-tv.de

n-tv.de

Ähnliche Nachrichten

Alle News
Animated ArrowAnimated ArrowAnimated Arrow